Was sich im Dunkel verbirgt

Wald

 

Was sich in den Schatten, in den tiefen Schatten, zwischen Ast und Wurzelwerk, zwischen Moos und Stein verbirgt, das weiss man nicht. Ist es hell genug, verbirgt sich nichts. Ist es dunkel, sieht man es nicht. Geht man näher, ist es längst weg, noch bevor man selbst in den Schatten tritt.

Legt man sich auf die Lauer so müsste man schon selber zum Baum werden u genügend Geduld zu haben.

 

Einst legte ich mich auf die Lauer und wurde zum Baum. Ich war kein besonders imposanter Baum aber ich hatte Ast und Borke und einen ansehnlichen Stamm. Da stand ich also, dort im Wald der Buchin wo das kleine Bächlein von Nordwesten Richtung Osten fliesst, und leuerte dem Wasauchimmer das ich im Schatten einer tiefen und wilden Wurzel einer alten Eiche zu sehen geglaubt hatte. Es war mir klar, dass es gerade in dem Wald überhaupt keinen Sinn hatte einfach hinzugehen und nachzusehen. Bestenfalls hätte ich einfach nichts gesehen. Schlimmstenfalls haääte man mich nie wieder gesehen.

Warten war also die Devise. Also wartete ich. Ich wartete einen Tag und einen zweiten, eine Woche und einen Monat. Der erste Frost kam und der Winter und ich stand noch dort neben der Eiche als der erste Sauerklee sich über das Moos erhob und seine zartgrünen Blätter entfaltete. Inzwischen war ich in eine art Trance gefallen. ich schlief nicht, war aber auch nicht wirklich wach. Ich nahm wahr was ausserhalb meiner Borke vor sich ging und damit hatte es sich auch schon. Gerade machte sich ein junges Vogelpaaar daran in meiner Krone ein Nest zu bauen da sah ich es endlich. Erst nur die Nasenspizue, eine kleine, lange, ziemlich rote Nasenspitze, kaum grösser als die einer Spitzmaus, lugte unter einem Blatt das an die Borke der Eichenwurzel lehnte durch, erst links, dann rechts, dann sah ich die Nase schnuppern und zittern und schon sah ich einen klitzekleinen Haarschopf der so wild und heftig wucherte, dass die beiden kleinen Augen die unter zwei riesigen Büschel Augenbrauen hervorlugten kaum zu sehen waren.

 

Es verharrte unter dem Blatt und dann, einige Minuten später wagte es sich hervor, hüpfte tanzend auf einem kleinen Moosfleck der von der Sonne beschienen wurde, kicherte, jucheete, machte einen Purzelbaum, und war mit einem mal wieder verschwunden.

Verdammt! Ich hatte vor lauter Vergnügen mit den frischen grünen Blätter geraschelt. Verdammt, verdammt!

Da hatte ich nun die Chance gehabt und habe sie vermasselt.

Noch länger hier herum zu stehen machte mich nicht besonders an. Ich verwandelte mich also auf der Stelle zurück, entschuldigte mich bei dem Vogelpaar für das verlorene Nest, und sagte in Richtung Eiche: «Ich habe dich nun gesehen Eichenborkling. Jetzt gehe ich wieder meiner Wege.» Das tat ich dann auch und rannte wie ein junges Fohlen durch den Wald und war unglaublich froh, mich endlich wieder bewegen zu können. Erst der etwas vorwurfsvolle Blick einer Rehmutter mit ihren Kitzen liess mich Gewahr werden, dass mir in dem Jahr als Baum ja meine Klamotten verlustig gegangen waren und ich gerade splitterfasernackt durch den Wald lief. So was aber auch ...

 

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