Erdbeeren
«Erdbeeren»
Einakter von Arbogast Smy
Das Bühnenbild
Hintergrund: Wild und hoch wuchernde, noch grüne Erdbeeren. Davor, mannshoch, ein Brett, das das Beet einfasst. Auf der Bühne Schnitzel und Gartenmulch. An der linken Ecke eine riesige Harke, deren oberes Ende am oberen Bühnenrand verschwindet.
Vogelgezwitscher und leises Läuten von Kuhglocken.
Der Vorhang öffnet sich.
Auf dem Weg vor dem Brett von rechts zwei rote Wegschnecken.
Schnecke 1 zeigt auf die noch grünen Erdbeeren über sich: «Ah, sieh mal, noch zwei Wochen und das grosse Fressen geht los!»
Schnecke 2 «Ach was solls, ist doch jedes Jahr der gleiche Scheiss. Den ganzen Sommer lang hauen wir uns den Ranzen mit Erdbeeren, Salat, Kürbisblüten und anderem Grünzeug voll. Wo ist da der Sinn? Ich will einfach mehr, verdammt!»
Schnecke 1 «Was soll das heissen, 'mehr'? Wie kann man sich mehr wünschen? Die reifen Erdbeeren werden uns ins Maul fallen und wir werden fressen und saufen und ohne Unterlass Liebe machen.»
Schnecke 2 «Ach was weiss ich, ich glaube, ich will noch was dazulernen. Vielleicht einen Beruf oder wenigstens ein Hobby.»
Schnecke 2 greifft hinter sich ins Erdbeergebüsch und holt eine Gitarre raus. Mit der Rechten klebt sie sich einen buschigen Schnauzer über die Oberlippe und fängt zur Gitarre an zu singen: [Melodie: Das kann doch nicht alles gewesen sein, Wolf Biermann]
Das kann doch nicht alles gewesen sein
Das bißchen Sonntag und Kinderschreien
Das muß doch noch irgendwo hingehen
Die Überstunden das bißchen Kies
Und abends in der Glotze das Paradies
Darin kann ich doch keinen Sinn sehen
Das soll nun alles gewesen sein
Da muß doch noch irgendwas kommen – nein?
Da muß doch noch Leben ins Leben – eben
He Kumpel wo bleibt da im Ernst mein Spaß?
Nur Schaffen und Raffen und Husten und Hast
Und dann noch den Löffel abgeben? eben.
Das soll nun alles gewesen sein
Das bißchen Fußball und Führerschein
Das war nun das donnernde Leben, eben
Ich will noch ein bißchen was Blaues sehen
Und will noch ein paar eckige Runden drehen
Und dann erst den Löffel abgeben... eben..."
Schnecke 2 legt die Gitarre wieder hin, nimmt sich den Schnauzer ab und dreht sich zu Schnecke eins: «Verstehst du, was ich meine?»
Schnecke 1 «Du denkst zu viel nach! Da drüben gibts frisch gepflanzte Petersilie. Lass uns ein paar Strünke abknabbern, dann wird dir die Sinniererei schon vergehen!»
Schnecke 2 «Du verstehst das einfach nicht, ich weiss einfach, dass ich zu Höherem berufen bin, verdammt noch mal!»
Von oben herab verdunkelt sich die Bühne. Ein riesiger Stiefel kommt mit Wucht hernieder und zerquetscht die beiden Schnecken.
Das Vogelgezwitscher wird lauter. Aus dem Nichts über der Bühne erschallt eine Stimme: «Manchmal läuft es eben Scheisse!»
Der Vorhang schliesst sich.
Text und Idee: Arbogast Smy
Liedtext: Wolf Biermann
©2016
Kommentare
Kommentar schreiben
Archiv
Sep 2012Jan 2013
Feb 2013
Mar 2013
Apr 2013
May 2013
Jun 2013
Jul 2013
Aug 2013
Sep 2013
Oct 2013
Nov 2013
Dec 2013
Jan 2014
Feb 2014
Mar 2014
Apr 2014
May 2014
Jun 2014
Jul 2014
Aug 2014
Sep 2014
Oct 2014
Nov 2014
Dec 2014
Jan 2015
Feb 2015
Mar 2015
Apr 2015
May 2015
Jun 2015
Jul 2015
Aug 2015
Sep 2015
Oct 2015
Nov 2015
Dec 2015
Jan 2016
Feb 2016
Mar 2016
Apr 2016
May 2016
Jun 2016
Jul 2016
Aug 2016
Sep 2016
Oct 2016
Nov 2016
Dec 2016
Jan 2017
Feb 2017
Mar 2017
Apr 2017
May 2017
Jun 2017
Jul 2017
Aug 2017
Sep 2017
Oct 2017
Nov 2017
Dec 2017
Jan 2018
Feb 2018
Mar 2018
Apr 2018
May 2018
Jun 2018
Jul 2018
Aug 2018
Sep 2018
Oct 2018
Nov 2018
Dec 2018
Jan 2019
Feb 2019
Mar 2019
Apr 2019
May 2019
Jun 2019
Jul 2019
Aug 2019
Oct 2019
Nov 2019
Dec 2019
Jan 2020
Mar 2020
Sep 2020