Die Perle der Feuerfee
Es war einmal vor langer Zeit, da begab es sich, dass sich eine Feuerfee bis über beide spitze Ohren in einen unglaublich attraktiven jungen Holznagel verliebte. Das mag euch jetzt vielleicht etwas seltsam scheinen, doch früher waren die Sitten noch anders und es sprach überhaupt gar rein nichts dagegen, dass sich etwas so Wunderschönes und in gleichem Masse Gefährliches wie eine junge Feuerfee in einen einfachen Holznagel verliebte.
Wären sie natürlich Menschen gewesen, ja dann, dann hätte das Ganze wohl im Kerker oder schlimmstenfalls auf dem Scheiterhaufen geendet.
Doch die beiden waren keine Menschen, und so sprach nichts dagegen.
Natürlich war der Holznagel nicht eben der schlaueste. Wie die meisten seiner Art war er eher praktisch veranlagt und hinterfragte kaum jemals etwas. Als er dann dieses bezaubernde Wesen sah, freute er sich einfach unglaublich, und es ist Tatsache, dass ob dieser Freude an diesem Tag das Gebälk im Dachstock der Löffelburg besonders knarrte.
Die kleine Feuerfee, eingehüllt in sanft gelb glimmende Funken und ein so zartes blaues Räuchlein, dass es wie eine Fata Morgana schien, tänzelte im Dachstock auf und ab und turtelte mit dem Holznagel herum, dass die Schindeln schon anfingen, Spässe zu machen.
Der Holznagel beachtete das Gespött gar nicht und machte der Dame den Hof mit einer Hingabe, wie das wohl noch nie ein Holznagel getan hat.
So vergingen einige Tage und Nächte und es kam natürlich, wie es kommen musste: Eines Nachts im Mondschein überkam die beiden ein solches Verlangen, dass sie nicht mehr an sich halten konnten und zusammen ins Gebälk hüpften.
Autsch, was für eine schmerzhafte Erfahrung für den Holznagel! Es kokelte ihn mächtig an, das Fräulein, und ganz kurz war er wirklich Feuer und Flamme.
Er wusste natürlich, dass diese LIebe irgendeinmal sein Ende bedeuten würde, aber es war ihm einfach egal. Er war ein Holznagel, sonst nichts! Was hätte er sonst vom Leben gehabt? Von früh bis spät zwei Balken zusammenhalten. Das konnte doch nicht alles sein! Da war es doch besser, sich jedes Mal ein wenig zu verbrennen, als knochentrocken im Gebälk zu stecken.
So kam es dann, dass die beiden zusammenblieben und eine lange Zeit sehr glücklich waren. Eines Nachts aber war es dann vorbei mit dem Holznagel. Er ging vollends in Flammen auf und es reichte gerade noch für einen Handkuss, dann war nur noch ein Häufchen Asche übrig.
Nun ist es bekannt, dass Feuerfeen nicht eben sentimental sind. Nichtsdestotrotz vermisste sie den Geliebten, und so legte sie dort, wo er abgebrannt war, einen Glastropfen aufs Gebälk. Als Erinnerung an den wirklich – und ich meine wirklich – attraktiven Holznagel von der Löffelburg.
Und heute dann war ich es, der diesen Glastropfen fand und mir von ihm die Geschichte der Feuerfee und des Holznagels erzählen liess. Ich werde mir den Tropfen aufbewahren, und wenn ich ihn ansehe, wird mir sicher klar sein, dass es besser ist, auszubrennen als zu verblassen!
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